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Straßenausbaubeiträge: In Brandenburg hat man für einen Widerspruch nur einen Monat Zeit - Märkische Onlinezeitung

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Potsdam (MOZ) Im vergangenen Jahr hat der brandenburgische Landtag die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge beschlossen. Wer kann auf Entlastung hoffen, und wer muss wahrscheinlich noch zahlen? Was unterscheidet Straßenausbaubeiträge von Erschließungsbeiträgen, die noch nicht abgeschafft wurden und jetzt immer häufiger von den Kommunen erhoben werden? Und wie sollte man sich verhalten, wenn ein Beitragsbescheid droht bzw. gerade eingetroffen ist? Diese und andere Fragen zum Thema beantworteten Experten vom Verband Deutscher Grundstücksnutzer (VDGN) am Lesertelefon.

Wir haben ein Haus gekauft an einer Straße, die nicht besonders gut befestigt ist. Von den Vorbesitzern wissen wir aus Dokumenten, dass schon vor Jahren mal für eine "Befestigung" der Straße gezahlt werden musste. Von meinen Eltern, die gleich neben uns wohnen, habe ich erfahren, dass sie vor ein paar Jahren auch Straßenreinigungsgebühren für genau diese Straße gezahlt haben. Jetzt plötzlich teilt uns aber die Gemeinde mit, dass es gar keine Straße gäbe und diese erst einmal gebaut werden müsse, finanziert durch Erschließungsbeiträge. Das widerspricht sich doch alles. Wie sollten wir dagegen tätig werden?

Seit der Änderung des brandenburgischen Kommunalabgabengesetzes (KAG) dürfen keine Beiträge mehr für seit dem 1. Januar 2019 abgeschlossene Straßenausbaumaßnahmen erhoben werden. Angesichts dessen wird so manche Gemeinde kreativ und erklärt, dass eine ordnungsgemäße Straße erst noch gebaut werden müsste. Und für diese mutmaßlich erstmalige Herstellung will man dann die noch nicht abgeschafften Erschließungsbeiträge kassieren.

In Ihrem Fall sprechen jedoch mehrere der von Ihnen angeführten Fakten dafür, dass bereits eine Erschließungsstraße vorhanden ist, die lediglich ausgebaut wird. Auf welcher Grundlage hätte man sonst Reinigungsgebühren erheben können? Wenn Sie demnächst einen Bescheid über einen Erschließungsbeitrag bekommen, müssen Sie also dringend und schnell tätig werden. Sie sollten innerhalb eines Monat schriftlich Widerspruch einlegen, ansonsten wird der Bescheid bestandskräftig, und Sie können dagegen nicht mehr vorgehen. Die Begründung können Sie nachreichen. Verweisen Sie darauf in Ihrem Schreiben und beantragen Sie Akteneinsicht. Holen Sie dazu juristischen Rat ein, entweder bei einem Verein wie dem VDGN oder bei einem Fachanwalt.

Von welchen Kriterien hängt es ab, ob eine Straße als Straße anerkannt wird oder nicht? Unsere Straße ist über 100 Jahre alt. Sie war immer eine Sandstraße, weil früher Pferdefuhrwerke sie benutzten, die zu einer Mühle am Ende der Straße fuhren. Eine Pflasterung wie in den Straßen der Umgebung wurde abgelehnt, weil die Pferde da keinen Halt gehabt hätten. Wenn jetzt an der Straße etwas gemacht wird, ist dies dann Erschließung oder Ausbau?

Damit eine Straße als Straße gilt, muss mindestens eine von zwei Bedingungen erfüllt sein: Entweder muss sie einen ortsüblichen Ausbaugrad aufweisen, und/oder es muss in irgendeiner Form ein technischer Ausbau dieser Straße erfolgt sein. In Ihrem Fall dürfte die Straße mit einer Pflasterstraße der Umgebung gleichzustellen sein, weil es ja einen Grund hatte, dass sie eine Sandstraße blieb. Insofern ist die Bedingung der Ortsüblichkeit erfüllt, und es würde sich bei künftigen Straßenarbeiten um einen Ausbau und keine Erschließung handeln. Allerdings bleibt abzuwarten, ob Ihre Gemeindeverwaltung das auch so sieht.

Ich werde mit Sicherheit Widerspruch gegen einen Erschließungsbeitragsbescheid einlegen. Was passiert, wenn dieser abgelehnt wird?

In der Regel dauert es mindestens zwei bis drei Monate, bis die Kommune reagiert. Dann schickt sie im günstigsten Fall einen Änderungsbescheid, mit dem Ihre Einwände ganz oder teilweise akzeptiert werden. In den meisten Fällen erfolgt jedoch eine Ablehnung in Form eines Widerspruchbescheids. Dann haben Sie wiederum nur einen Monat Zeit, um eine Klage beim zuständigen Gericht einzulegen.

Ich habe ein sehr großes Grundstück im Barnim, allerdings wirklich weit draußen am Ortsende. Jetzt hat die Gemeinde eine neue Erschließungssatzung beschlossen. Da ist für die Immobilienbesitzer ein Anteil von 75 Prozent für Straßenbauprojekte festgeschrieben. Das kann ich gar nicht finanziell stemmen mit meiner Rente, und auch die Nachbarn hier können das nicht. Aber wir Grundstückseigentümer wurden vor solch einem weitreichenden Beschluss gar nicht erst gefragt, ob wir uns das hier in der Gegend überhaupt leisten können. Kann man etwas dagegen tun?

Gegen den Beschluss der Gemeindevertretung haben Sie keine Handhabe. Erst wenn Sie einen Beitragsbescheid bekommen, können Sie die geforderten Zahlungen prüfen, am besten mit fachkundiger Unterstützung. Sollten Sie Zweifel an deren Richtigkeit haben, können sie dagegen vorgehen, zunächst in Form eines Widerspruchs.

Bei uns wird derzeit die Dorfstraße neu gemacht. Es heißt, für die Straße brauchen wir nicht zahlen, aber für den Gehweg, der gleichzeitig entsteht, weil der vorher nicht vorhanden war. Dieser gelte somit als Erschließung und müsse von uns bezahlt werden, argumentiert die Gemeinde. Hat sie Recht?

Beim Gehwegbau dürfte es sich um eine Erweiterung der vorhandenen Straße handelt und damit dürften auf Sie eigentlich keine Kosten zukommen. Wenn Sie trotzdem einen Bescheid erhalten, sollten Sie widersprechen.

Auch meine Nachbarn wollen sich gegen einen Beitragsbescheid wehren, weil sie wie ich der Meinung sind, dass es sich keinesfalls um eine erstmalige Straßenherstellung handelt. Was können wir gemeinsam tun?

Es ist immer ratsam, dass man die weiteren Schritte mit möglichst vielen Betroffenen abspricht, um mit juristischer Hilfe eine gemeinsame Strategie zu entwickeln. Im günstigsten Fall bilden Sie eine Prozessgemeinschaft und führen ein Musterverfahren, dessen Ergebnis dann auf alle Mitglieder angewandt wird. Dadurch wird das Prozesskostenrisiko für den Einzelnen erheblich gesenkt. Einem solchen Musterverfahren muss jedoch die Gemeinde zustimmen, was in Brandenburg nicht immer der Fall ist. Aber auch dann macht die Gemeinschaft vieler betroffener Anlieger natürlich stärker. Wichtig ist: An einer solchen Prozessgemeinschaft können nur die Anlieger teilnehmen, die durch Widerspruch bzw. Klage verhindert haben, dass ihr Bescheid bereits bestandskräftig geworden ist.

Wir hatten schon vor Monaten eine Einwohnerversammlung, bei der es darum ging, dass vor unseren Türen durch die Gemeinde eine wirklich furchtbare Sandstraße zu einer richtigen Straße umgebaut werden soll. Wir waren als Anwohner jedoch nicht einverstanden damit, was da alles gebaut werden soll: Rad-, Fußweg, Ablaufkanäle für Regenwasser und, und, und ... Wir wollten nur eine einfache, praktische Straße. Entstanden ist ein Riesenbauwerk.  Dafür sollen wir nun den Großteil der Kosten tragen. Kann man unseren Wunsch einfach so ignorieren und die Kosten damit so hochtreiben?

Wenn die Gemeinde eine Straßenerschließung plant, haben die Anwohner kein Vetorecht. Und sicher muss die Straße dann vorgegebenen Mindeststandards entsprechen. Die Bürgerbeteiligung sollte jedoch dazu genutzt werden, gemeinsam mit den Anwohnern eine möglichst preisgünstige Variante zu finden. Jetzt bleibt Ihnen nur noch, den zur erwartenden Beitragsbescheid gründlich zu prüfen. Handelt es sich in jedem Fall nur um beitragsfähige Erschließungskosten, die da aufgeführt werden? Ist der Anteil der Kosten, die auf die Anwohner umgelegt werden können, auch richtig berechnet worden? Haben Sie Zweifel, müssen Sie Widerspruch einlegen und gegebenenfalls klagen. Einen anderen Weg gibt es nicht.

Im Zuge des Straßenbaus haben wir Einfahrten zu unseren Grundstücken bekommen. Angekündigt wurde, dass diese Einfahrten etwa 80 Euro pro Quadratmeter kosten, das wären etwa 1000 Euro gewesen. Jetzt sollen wir fast das Doppelte bezahlen, weil bei uns nicht normales Verbundpflaster wie bei anderen Straßen, sondern teures Pflaster im Fischgrätenmuster verlegt wurde. Müssen wir das so hinnehmen?

Sie können dagegen Widerspruch einlegen mit der Begründung, dass Sie keine Luxusvariante finanzieren und die Kosten, die über die Herstellung einer herkömmlichen Einfahrt hinausgehen, ablehnen.

Bei uns im Ort wurde der Bau eines Radweges angekündigt und die ersten Bescheide für eine Vorauszahlung gibt es jetzt wohl in diesen Tagen. Wie soll man sich verhalten, wenn die Vorauszahlung gefordert wird und man mit dem Projekt nicht einverstanden ist? Und das sind etliche hier.

Grundsätzlich kann die Gemeinde für Erschließungsmaßnahmen, wenn es denn solche sind, Vorauszahlungen verlangen. Voraussetzung ist, dass mit der Herstellung der Anlagen binnen vier Jahren zu rechnen ist. Die Vorausleistung wird später mit der endgültigen Beitragsschuld verrechnet. Auch wenn Sie vorhaben, dann dagegen Widerspruch einzulegen, sollte Sie unter Vorbehalt erst einmal zahlen, sonst werden erhebliche Zinsen und Säumnisgebühren fällig.

Widerspruch können Sie erst einlegen, wenn nach Abschluss der Arbeiten der Endbescheid kommt. Das gilt auch für den Antrag auf Akteneinsicht. Jedoch sollten Sie schon jetzt nach Gleichgesinnten suchen, um gemeinsam mit einem Experten zu beraten, ob bei Ablehnung des Widerspruchs eine Klage sinnvoll und erfolgversprechend wäre.

Wir müssen noch für die Straßenerschließung in unserem neuen Wohngebiet zahlen. Dabei ist mir aufgefallen, dass die Summen, mit denen die Anwohner rechnen müssen, teilweise unterschiedlich sind. Wie wird dies berechnet?

Grundlage für die Berechnung sind in der Regel die tatsächlich entstandenen Erschließungskosten, wobei genau festgelegt ist, was über die Beiträge finanzieren werden kann. Davon werden mindestens zehn Prozent Gemeindeanteil abgezogen. Der verbleibende Aufwand wird dann auf alle erschlossenen Grundstücke verteilt. Maßstäbe dabei sind die Grundstücksfläche sowie Art und Maß der baulichen Nutzung. Es ist also ein Unterschied, ob es sich zum Beispiel um eine Grünfläche oder um Bauland handelt, ebenso, ob ein- oder mehrgeschossig gebaut werden kann. Genau geregelt wird das in den jeweiligen Satzungen der Städte und Gemeinden. In ihrem Fall sind es wohl vor allem die unterschiedlichen Grundstücksgrößen, die zu Buche schlagen.

Können wir darauf hoffen, dass nach den Straßenausbaubeiträgen in Brandenburg bald auch die Erschließungsbeiträge abgeschafft werden?

Die Straßenausbaubeiträge waren im brandenburgischen Kommunalabgabengesetz verankert und damit Ländersache. Die Erschließungsbeiträge werden indes auf der Grundlage des Bundesbaugesetzbuches erhoben. Die Länder können aber beschließen, auch das Erschließungsrecht in die eigenen Hände zu nehmen. Bayern hat das beispielsweise schon gemacht. Dann könnte der Landtag zum Beispiel beschließen, dass für Straßen, die bereits länger als zehn Jahre für den Verkehr genutzt werden, eine Veranlagung nach Erschließungsbeitragsrecht ausgeschlossen wird. So schlägt es unser Verband vor. Es ist also eine politische Entscheidung, und bisher lässt die Regierungskoalition in Brandenburg da noch keinerlei Interesse in dieser Richtung erkennen. Das Thema wird jedoch mit Sicherheit auf der Tagesordnung bleiben.

Unsere Straße ist eine Schotterstraße und soll von der Kommune grundhaft ausgebaut werden. Diese hatte dazu zu einer Versammlung eingeladen. Drei Viertel der Anwesenden haben sich dafür ausgesprochen, dass die Straße so bleibt, wie sie ist, und einmal jährlich instandgesetzt werden soll. Die Kommune sieht das offensichtlich anders. Können wir irgendwie Einfluss nehmen?

Wenn sie als Anlieger tatsächlich beitragspflichtig sind, sollten Sie auf jeden Fall das Gespräch mit der Kommune suchen und darauf hinwirken, dass eine wirtschaftlich vertretbare Lösung gefunden wird, die Sie als Grundstückseigentümer kostenmäßig nicht so belastet. In einigen Kommunen hat man da gute Kompromisse gefunden.




August 23, 2020 at 09:00AM
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